Politics am blau-weißen Tag

Jetzt hat mich die Vorfreude auf das Spiel heute nachmittag auf Schalke gegen Bremen doch tatsächlich um 06.30 aus dem Bett geschmissen. Vorberichterstattungen und die Klugscheissereien der ganzen Polsters und Schumachers habe ich inzwischen genug gelesen. Während die Kaffemaschine hier nervenberuhigend vor sich hin gluckert (jawoll, ich habe eine auf dem Schreibtisch!) möchte ich mich daher nochmal einem ganz anderen Thema widmen. Es könnte dabei der Verdacht aufkeimen, dass ich etwas gegen den Mann habe. Ist aber nicht so. Ich bin nur etwas besorgt über die Tatsache, dass es so gut wie keine kritische Presse über ihn gibt. Wenn über ihn berichtet wird dann fast immer so, als sei man im Auftrag der Gala unterwegs: "Mr. Obama fliegt zum ersten Mal mit der Air Force One", "Die Obamas bei Ihrem ersten Picknick vor dem Weißen Haus, "Mr. Obama´s erster Nieser im Oval Office".
Es scheint als genieße der jetzige Präsident, einfach deshalb weil er den verhassten Bush abgelöst hat, einen verdammt großen Vertrauensvorschuß. Deutlich macht sich das für mich darin, dass er auch gerne mal ein wenig die jüngste politische Geschichte umschreiben darf, um seinen Vorgänger in die Pfanne zu hauen.
Obama plant nach eigenen Ausführungen eine Annäherung an die muslimische Welt. In einem Fernsehinterview schob er Bush kürzlich den schwarzen Peter für die verregnete Stimmung in den Beziehungen mit dem Nahen Osten zu, schließlich habe man vor Bush´s Amtszeit in den letzten 20 bis 30 Jahren friedliche Beziehungen mit der arabischen Welt gehabt und auch sonst wäre alles Happy Falafel gewesen.
Wat? Da hat aber jemand das alte Jahrtausend ein wenig verpennt würde ich meinen. Also gut, Bush hat den Irak Krieg angefangen, aber war vorher alles eitel Sonnenschein? Wenn ich mich recht erinnere reicht der Bügerkrieg im Libanon schon ein paar Jahrzehnte bin in die Achtziger zurück. Und ich meine mich auch erinnern zu können, dass bereits zu dieser Zeit Amerikaner als Blauhelme stationiert und von der Hisbollah entführt und zu Tode gefoltert wurden. Und wie war das mit Lybien? Gab´s da nicht ein paar Spannungen so mit abgeschossenen lybischen Kampfjets und so?
Noch weiter zurück wird´s noch prickelnder, immer wieder ein beliebtes Thema auf Familientreffen: 1979 war das Jahr als im Iran die Monarchie gestürzt wurde, der Schah ins Exil gehen musste und Ajatollah Khomeini die Macht übernahm. Viele verließen das Land, einschließlich meines Schwiegervaters, der seine eigene Tochter (Shadi´s Schwester) nicht hatte aufwachsen sehen können, weil er jahrelang als politischer Gefangener einsaß und jetzt noch Schlimmeres befürchten mußte. Khomeini rief einen Krieg gegen den Westen aus, ließ die US-Botschaft besetzen und nahm das gesamte Personal als Geiseln. Im selben Jahr startete die Sowjetunion die Invasion in Afghanistan, die Mujahidin, aus denen sich später die Taliban und Al Qaida bilden sollten, formierten sich erstmals und so weiter und so weiter....
Insgesamt kommt da ganz schön was zusammen. Und ich habe Israel jetzt ja sogar mal ganz raus gelassen. Ich hoffe wirklich, dass Obamas zukünftige politische Linie als Präsident nicht so träumerisch ausfällt, wie sein Blick in die Vergangenheit.

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